(Mit einem Nachtrag vom 26.04.2011)
Biomasse ist alles, was nachwächst. Dadurch hat die Biomasse den Vorteil, dass die Verbrennung der Biomasse oder der daraus gefertigten Produkte bzgl. der CO2-Bilanz neutral ist, da die Pflanzen während ihres Wachstums etwa soviel CO2 aus der Luft aufnehmen wie bei ihrer Verbrennung wieder in die Luft abgegeben wird. Außerdem werden die nur begrenzt vorhandenen Resourcen an Kohle, Öl, Erdgas und Uran geschont.
Die Gesellschaft und die von ihr beauftragten Mandatsträger haben aber darauf zu achten, dass nicht durch den Einsatz von Biomasse Mensch und Umwelt geschädigt werden.
1. Zur Erzeugung von Holz, Raps usw. werden große landwirtschaftliche Flächen benötigt. Diese fallen dann zur Nahrungsversorgung aus.
2. Große land- und forstwirtschaftliche Flächen mit Monokulturen bergen eine Reihe von Gefahren in sich.
3. Die Umwandlung von Biomasse in andere Energieträger birgt ebenfalls eine Reihe von Gefahren in sich.
Zu 1: Eingriff in die Umwelt Vieler zu Gunsten nur Weniger In armen Ländern könnte der Ausfall landwirtschaftlicher Flächen dazu führen, dass dort nicht mehr genügend Nahrungsmittel für die einheimische Bevölkerung hergestellt werden können. Oft wird dabei die ursprüngliche Landschaft unwiederbringlich zerstört und durch Plantagenanbau zum Nutzen nur weniger Grundbesitzer oder Firmen ersetzt. Insbesondere dann, wenn die Biomasse exportiert werden soll. In Deutschland ist diese Gefahr geringer. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Viehhaltung in Tier-unwürdigen Ställen intensiviert wird, weil Weideflächen in Biomasseerzeugungsflächen umgewandelt werden und das Tierfutter aus Ländern importiert wird, die es eigentlich für ihre eigene Viehhaltung benötigen. Die Ausscheidungen der Stalltiere kommen dann auf die verkleinerten Flächen und überdüngen diese, womit letztendlich das Grund- und Trinkwasser verseucht wird (zumindest der Nitratgehalt wird erhöht).
Zu 2: Gefahren der Monokultur
- Monokulturen sind eine ideale Ernährungsgrundlage für Schädlinge. Wenn diese nicht wiederum durch natürliche Feinde bekämpft werden können (was wohl sehr selten geschieht), kommt die Chemiekeule zum Einsatz. Dies gilt nicht nur für Raps- und Maisfelder sondern auch für Wälder mit nur einer Baumart.
- Monokulturen führen zur Auslaugung der Böden und erfordern meistens einen erheblichen Einsatz von Düngemitteln. Diese können zusätzlich zur Schädigung des Bodens und des Grundwassers führen. Durch den Einsatz von Stickstoffdünger beim Rapsanbau z. B. wird Distickstoffoxid (Lachgas) freigesetzt - ein im Unterschied zum CO2 310-fach stärkeres Treibhausgas. Außerdem werden die Düngemittel unter Einsatz fossiler Energieträger hergestellt.
- Riesige, einheitlich bepflanzte landwirtschaftliche Flächen können das Klima beeinflussen und zur Versteppung führen („Agrarwüste“). Oft muss künstlich bewässert werden. Hecken, Buschwerk und Baumgruppen verschönern nicht nur eine Landschaft, sondern schützen auch den Boden vor Ausdörrung und Erosion.
- Die Versuchung ist groß, genmanipulierte Pflanzen anzubauen. Zwar sollte die Gentechnik genauso wenig wie die Kerntechnik von vornherein aus ideologischen Gründen abgelehnt werden. Aber die verantwortlichen Politiker müssen darauf achten, dass gewisse Sicherheitsstandards eingehalten werden (z. B. keine unkontrollierte Ausbreitung dieser Pflanzen, kein Anbau gleicher Pflanzen für die Nahrungsmittel- oder Futtermittelherstellung in Reichweite des Pollenflugs). Die Gentechnik kann auch zu unsozialen, wirtschaftlichen Abhängigkeiten führen, nämlich dann, wenn die Bauern ihr Saatgut nicht selber kostenfrei aus der Ernte entnehmen dürfen/können, sondern dafür erst eine Lizenz erwerben oder das Saatgut stets kaufen müssen.
Zu 3: Gefahren bei der Umwandlung der Biomasse
- Biogasanlagen sind keine Müllschlucker für Industrieabfälle, wie wohl mancher glaubte. Biogasanlagen dürfen keinen Gestank oder Treibhausgase (CO2, Methangas, etc.) in die Umgebung abgeben. Die Rückstände aus den Biogasanlagen sind umweltverträglich zu entsorgen.
- Die Herstellung von Biodiesel /Link/ (am besten aus Rapsöl) erfordert einen hohen Energieeinsatz, so dass die CO2-Bilanz wesentlich schlechter ausfällt, als wenn nur Rapsöl gewonnen würde. Da die Press-Rückstände als Tiernahrung verarbeitet werden, müsste bei genmanipuliertem Raps untersucht werden, wieweit Menschen dadurch gegen ihren Willen gezwungen werden, genmanipulierte Nahrung zu sich zu nehmen. - Im Übrigen sind offenbar die Autodieselmotoren noch nicht für reinen Biodiesel ausgelegt, so dass dies zu Schädigungen der Motoren führt. Als 5 %-ige Beimengung zum normalen Diesel besteht diese Gefahr wohl nicht.
- Die Verwendung von Rapsöl als Treibstoff für Dieselfahrzeugen ist gesundheitsgefährdend.
- Die Heizung mit Holzpellets an Stelle von Öl und Gas ist sicher eine gute Sache. Die Investitionen für eine solche Heizung sind jedoch hoch und ein Zurück wird teuer. Wenn zu viele Heizungen mit Pellets betrieben werden, könnte dies von marktbeherrschenden Firmen ausgenutzt werden, weil der „Rohstoff“ Holz nur begrenzt zur Verfügung steht.
- Das Heizen mit Holz kann zu schweren Geruchsbelästigungen und Gesundheitsschäden führen, wenn ungeeignetes, falsch gelagertes oder behandeltes Holz verheizt wird. Dies gilt auch für die Verbrennung von Holz und Kohleerzeugnissen in allen offenen Kaminen und in technisch nicht einwandfreien (oder alten) Kamin- und Kachelöfen der privaten Haushalte /Link/.
Insgesamt gesehen: Nicht alles was „Bio“ ist, ist automatisch gut. Hier sind die Politiker gefordert, für vernünftige Rahmenbedingungen zu sorgen.
20.10.2006
Nachtrag vom 26.04.2011:
Von Agrarflächen aufgewirbelter Staub und Sand führte zur Massenkarambolage auf der A19
Am Freitag, den 08.04.2011, wurde uns drastisch vor Augen geführt, welche Gefahren von großen Flächen mit Monokulturen ausgehen können. An diesem Tag nämlich kam es auf der Autobahn Berlin-Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) zu einer Massenkarambolage mit rund 80 Autos. Mindestens 8 Menschen starben, viele wurden verletzt und eine Reihe Autos brannten aus. Ursache war ein Staub- und Sandsturm, der den Autofahrern plötzlich die Sicht genommen hatte. In dieser Region hatte es schon längere Zeit nicht geregnet. Ein Sturm hatte die trockene Ackerkrume von kahlen Flächen, die dem Maisanbau dienen sollen, hochgewirbelt und über die Autobahn fort getrieben /Link/.
Wir meinen, dass die Schuldfrage und vor allen Dingen die Haftungsfrage nicht nur auf die Autofahrer abgewälzt werden darf (von denen sicher einige zu schnell und zu dicht zum Vordermann gefahren sind), sondern auch auf die Landwirte, die ihre großen Ackerflächen nicht gemäß Art. 14 Abs. 2 GG. auch zum Wohle der Allgemeinheit genutzt haben. Prof. Grünwald von der Hochschule Neubrandenburg sagte: „Dass unbedeckter Boden bei Trockenheit weggetragen wird, `gehört zum Erfahrungsschatz seit der Jungsteinzeit‘“ /Link/. Die Landwirte haben also unbedingt dafür zu sorgen, dass die Bestellung der Flächen aufgelockert ist und sie von Bewuchs bedeckt werden, etwa durch Bepflanzung mit einer Zwischenfrucht bzw. Gründünger sowie Windschutzhecken- und Waldstreifen. Es wird dadurch nicht nur die Landschaft schöner und reicher an Flora und Fauna, sondern langfristig gesehen haben die Landwirte auch mehr von fruchtbaren Böden als von solchen, die durch Erosion zerstört worden sind. Bei großen Flächen, die leider auch in anderen Teilen unserer Republik vorhanden sind, kann nicht nur Staub und Sand aufgewirbelt werden, sondern durch die übermäßige Erwärmung von Land können auch zerstörerische Windhosen u. ä. ausgelöst werden. Auf den Einsatz der „chemischen Keule“ haben wir oben schon hingewiesen. Es erhöht sich nicht nur die Gesundheitsgefahr, sondern es führt auch zu vielen anderen Problemen, z.B. wird möglicherweise dadurch die Anzahl der Bienen reduziert. Zumindest wurde in den letzten Jahren ein Massensterben von Bienen beobachtet, ohne dass dafür die Ursache geklärt werden konnte /Link/. Wir halten es – wie auch an anderer Stelle bereits erwähnt – für sittenwidrig, dass auf Grund von Subventionen Bauern, die Pflanzen zur Energiegewinnung (Biogasanlagen, Biokraftstoffe) anbauen, mehr verdienen oder mehr für Pacht zahlen können, als diejenigen, die Pflanzen für unsere Nahrung anbauen oder Wald- und Weidewirtschaft betreiben. Hier besteht für unsere Politiker dringender Handlungsbedarf.
26.04.2011 mr